Heute fand ein „historischer“ Abend statt in unserer Kochrunde. Unser „jüngstes“ Mitglied der Runde (nicht alterstechnisch 😉 ) kochte für uns Gerichte aus seiner Kindheit. Und nicht nur das: er kochte auch Gerichte aus der Deutschen Demokratischen Republik die vielen von uns so nicht bekannt waren. Wir haben sozusagen wieder ein bisschen zur Völkerverständigung beigetragen.
Auf dem ausgelegten Menü wurden wir von keinem geringeren als dem deutschen kommunistischen Politiker Erich Ernst Paul Honecker begrüßt (der witzigerweise in Neunkirchen im Saarland geboren wurde). Um hier geschichtlich auch noch etwas beizusteuern:
„… Honecker war ab 1931 hauptamtlicher Funktionär der KPD. 1935 wegen Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu zehn Jahren Haft verurteilt, war er nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 1946 Mitbegründer der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ). Er war 1961 als Sekretär für Sicherheitsfragen des ZK der SED und Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (NVR) maßgeblicher Organisator des Baus der Berliner Mauer und trug in diesen Funktionen den Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze mit. Als einer seiner größten Erfolge gilt die Anerkennung der DDR als Vollmitglied der UNO 1973…“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Honecker)
In alten Erinnerungen schwelgend starteten wir in den DDR-Mottoabend mit einem Kristallweizen (aus einer lokalen Brauerei) à la Berliner Weisse. Dieser wurde zum einen mit Himbeer-, zum anderen mit Waldmeister-Sirup verfeinert und hatte optisch dann etwas von einem Likörchen in einem Martiniglas. Etwas gewöhnungsbedürftig und doch schon recht süffig – aber nach 3 Gläsern war die Richtung des Abends schon vorgegeben. Gefühlt kochten plötzlich ein eingefleischter DDR-Junge, ein Willi-trinkender Allesesser, ein Geschmacksverirrter und ein grobmotorischer Butter-Schläger das Menü des Abends – das konnte ja nur gut werden.
Den Start machten die Dalmatinischen Tomaten. Und nein, sie hatten weder mit den Hunden (weil die diese besonders gerne essen würden) noch mit der Region Dalmatien in Kroatien zu tun (wenngleich letzteres dem ein oder anderen womöglich in die Karten gespielt hätte – das ist aber auch nur Spekulatius). Es handelte sich „lediglich“ um ausgehölte, mit Zitronensaft beträufelte Tomaten, die mit einer Ei, Sardellenfillets, Sahne und Senf-Crème gefüllt waren. Angerichtet wurde der Teller noch mit aufgeschnittenen gekochten Eiern und halbierten Oliven.
Ab zum nächsten Gang: Soljanka. Wie uns unser Gastgeber aufgeklärt hatte: ein gängiges Reste-Essen. Wenngleich der „Geschmacksverirrte“ einen Großteil der Zutaten in der Regel verschmäht war das Ergebnis doch recht lecker. Zu dem ausgelassenen Speck im Topf gesellten sich verschiedene Würstchen-Scheiben, Gurken und einiges an Kalbs- und Rinderfond. Gut gewürzt kam der Eintopf dann in die Teller und wurde genüsslich weg-geschlemmt.
Zur großen Überraschung (Ironie!) war das hiesige Menü nicht ganz so umfangreich und „kompliziert“ wie das letzte unseres Gastgebers. Das wurde zu Beginn aber auch klar kommuniziert, sodass sich alle auf einen (zeitlich gesehen) normalen Abend einstellen konnten. So gab es das Hauptgericht auch „schon“ um 22:45 Uhr – was so gesehen „ganz ok“ war. Hier wurden klassisch Königsberger Klopse mit Reis gereicht. Fachmännisch gerollt ein richtiger Leckerbissen. Wobei ich hier sagen muss: Ohne die akurat, auf den Mikrometer genau geschnittenen Zwiebeln, wäre die Struktur der Klopse eine ganz andere gewesen und hätte, wenn überhaupt, nur halb so lecker geschmeckt – ganz zu schweigen von der Konsistenz am Gaumen… Naja egal. Außer der Zwiebel kam dann noch in Milch eingeweichtes Brötchen, Hackfleisch, Gewürze und Kapern in die Masse. Gekocht wurden die Klopse zuerst in einem Sud aus Wasser mit ein wenig Gewürzen. Anschließend wurden sie dann noch in der, ich nenne sie mal liebevoll „Klopse-Soße“ fertig gegart. Letztere bestand grundlegend aus einer Mehlschwitze die mit dem Klopse-Sud abgelöscht wurde und mit Kapern und Zitronensaft abgeschmeckt wurde. Der Reis köchelte nebenbei und wurde auf dem Teller zu einer formschönen Halbkugel angerichtet. 2 Klopse für jeden reichten aus (mit mehr kommen die meisten eh nicht klar 😛 ) sodass keiner hungrig nach Hause ging.
Den Abschluss machte, optisch gesehen, ein eher „spezielles“ Gericht. Wie will ich es denn am besten, und ohne die Gefühle von jemandem zu verletzten, beschreiben? Man könnte es sich wie ein inkontinentes Schlumpf-Burger-Patty vorstellen, welches im eigenen Saft steht. Spaß beiseite: Der Waldmeisterschaum wurde mit Sirup, Wasser und Gelatine als Grundbasis hergestellt. Eigentlich sollte aufgeschlagene Sahne und Eischnee zur Masse kommen. Allerdings hat es unser Sahne-Schläger etwas zu gut gemeint (er war gedanklich sicherlich schon wieder bei Klopsen von jemand anderem unterwegs) und hatte somit aus der Sahne einwandfreie, streichzarte Butter gerührt. Was jedoch nicht die Aufgabenstellung war. Folgerichtig musste besagte Person den Heimweg antreten und Sahne-Nachschub besorgen, welcher dann in der Folge zur schönsten, niemals erreichten und hervorragend fluffigen Sahne aufgeschlagen wurde. Alleine deshalb (ok und vielleicht mit dem Eischnee und dem Zucker…) entstand eine flauschige Mouse, die dann in 6 Auflaufförmchen gefüllt und kalt gestellt wurde. Die eigens hergestellte Vanillesoße war zwar in letzter Konsequenz etwas flüssig, was dem Ganzen jedoch geschmacklich in keinster Weise schadete. Etwas mehr Kühlzeit wäre wohl nicht verkehrt gewesen, aber gegen ein Dessert um 23:45 Uhr anstatt um ~2:00 Uhr hatte auch niemand etwas einzuwenden.
Vielen Dank für diese kulinarische Reise in eine „frühere Zeit“, die die meisten von uns so nicht kannten. Dafür sind solche Abende jedoch auch gedacht – jeder soll ganz eigene und neue Eindrücke mitnehmen und auch Sachen kennenlernen, die man eben nicht kennt. Weiterer positiver Nebeneffekt des Abends war die frühe und unkomplizierte Terminfindung des nächsten Kochabends. Besten Dank hierfür. Allen ein schönes erholsames Wochenende und schöne Urlaube.